Es ist oft das letzte Druckmittel der Discounter im gnadenlosen Verhandlungspoker um den Preis: die Auslistung bekannter Markenprodukte. Und in den letzten Jahren wurden die Supermärkte immer brachialer. 2018 etwa legte sich Kaufland mit Unilever an und stellte zum Jahresende seine Lieferantenbeziehungen zum Londoner Konzern fast vollständig ein: Über 50.000 Artikel bekannter Marken wie Knorr, Lipton oder Pfanni wurden ausgelistet. Marktführer Edeka schmiss einige Nestlé-Produkte wie Maggi, Nescafé oder Kitkat aus den Regalen. 2019 tobte das gleiche Spielchen. Anfang des Jahres musste der Getränke-Multi Coca Cola dran glauben: Edeka verbannte das Zuckerwasser aus seinen Läden. Ergebnislose Preisverhandlungen waren jeweils der Auslöser.
2020 könnte die ritualisierte Preisschlacht nach Ansicht von Branchen-Experten besonders viele Marken-Opfer fordern: Nach dem Corona-Shutdown positionieren sich die Einzelhändler neu und wollen ihre Marktstellung unter allen Umständen stärken. Nach außen begründen die Discounter die Auslistungen meist mit „drastischen Preiserhöhungen“ oder „einseitigen Änderungen der Geschäftsbedingungen“ der Food-Konzerne.
Doch Insider berichten von brutalen Verhandlungsmethoden der Discounter inklusive Psycho-Tricks und Beleidigungen, obwohl es „nur“ um halbe oder viertel Cent-Beträge bei den Produktpreisen gehe. Mit einer Auslistung würden die Händler „ein Exempel statuieren“, um die Lebensmittel-Lieferanten einzuschüchtern. Immerhin wird bei den Jahresgesprächen ein Großteil des Sortiments verhandelt.
Verbraucher wollen Kuschelkurs - Händler beliebter als Hersteller
Die Verbraucher stehen im Preiskampf mehrheitlich auf Seiten der Händler. Rainer Münch, Branchen-Experte der Münchener Strategie-Beratung Oliver Wyman, hat im Juli 1000 Konsumenten befragen lassen. Das Ergebnis: Knapp 40 Prozent sehen eher die Händler in der Pflicht, sich für günstigere Endkundenpreise einzusetzen, auch wenn die Befragten nur zu 14 Prozent harte Preisverhandlungen inklusive Produktauslistungen für den richtigen Weg halten.
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39 Prozent bevorzugen eine partnerschaftliche Herangehensweise zwischen Herstellern und Händlern. Doch einen Kuschelkurs werden die Discounter bei den Verhandlungen nicht einschlagen: „Aus Sicht vieler Händler tobt am Markt eine Preisschlacht“, so Münch: „Doch die Konsumenten erkennen dies nur teilweise als vorteilhaft an und fühlen sich durch die Vielzahl der Preisreduktionen in Folge der Mehrwertsteuersenkung augenscheinlich eher überwältigt.“
Edeka, Rewe, Aldi und Lidl sitzen am längeren Hebel
In dieser Preisschlacht sitzen die vier größten Lebensmittelkonzerne Edeka, Rewe, Aldi und Lidl, die knapp zwei Drittel des deutschen Markts beherrschen, am längeren Hebel. Da viele Hersteller auch die Eigenmarken der Discounter produzieren, haben Rewe, Lidl und Co. noch ein weiteres Druckmittel: Einen No-Name-Joghurt kann schließlich auch ein anderer abfüllen. Kleinere Hersteller würden sich um so einen Auftrag reißen. Zudem sind die meisten Marken-Produkte für den Konsumenten mittlerweile austauschbar, so die Logik der Discounter: Fehlt die Lieblingsschokolade bei Rewe, würden die wenigsten Kunden deswegen noch zu Edeka laufen, sondern sich eine süße Alternative in den Einkaufswagen legen.
Doch ein Mangel an Marken-Artikeln auf breiter Front würde allen Beteiligten mittelfristig herbe Einbußen bescheren. Gerade im Weihnachtsgeschäft wären Regallücken problematisch und seien auch nicht auszuschließen, meint Branchen-Experte Münch. Ab Mitte November könnten sich die ersten Regale leeren.
August 18, 2020 at 03:27AM
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Aldi, Edeka, Rewe, Lidl: Warum im November leere Regale im Supermarkt drohen - FOCUS Online
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